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Marisol’s Gaze – Eine Annäherung an das Ungesagte



Warum Marisol’s Gaze? Warum diese Serie, warum dieser Blick? Diese Fragen haben mich während des gesamten Prozesses begleitet, und doch ist es nicht die Art von Serie, die sich durch eine einzige Antwort erschließen lässt. Vielmehr ist sie ein Versuch, einen Raum zu schaffen, in dem Bedeutung nicht klar definiert, sondern angedeutet wird – ein Raum des Ungesagten, des Unaufgelösten.

Der Blick war der Ausgangspunkt. Nicht als klassisches Fenster zur Seele, nicht als direkte Konfrontation, sondern als Schwebezustand. Marisol ist präsent, aber entrückt. Sie sieht uns an, aber nicht wirklich. Ihr Ausdruck ist kein Spiegel, sondern eine Oberfläche, auf der sich Projektionen überlagern. Was wir darin erkennen, liegt weniger an ihr als an uns.

Die Linie, der Rabe, die Spannung

Warum diese Elemente? Die Linie – ein Fremdkörper im Bild, ein Einschnitt, eine Spur von etwas, das nicht sichtbar, aber spürbar ist. Sie trennt nicht nur das Gesicht, sondern auch die Wahrnehmung. Ist es Licht? Eine Narbe? Eine Grenze zwischen zwei Ebenen der Wirklichkeit? Ich wollte eine Markierung setzen, aber keine Erklärung liefern. Die Linie bleibt eine Störung, eine leise Irritation, die sich gegen die sonst so ruhige Bildsprache auflehnt.

Und der Rabe? Er ist kein Symbol im klassischen Sinne, sondern eine Präsenz. Er ist mehr als nur Begleiter, mehr als nur ein Tier. In Marisol’s Gaze ist er mal vertraut, mal unheimlich. Er ruht auf ihrer Schulter, sitzt an ihrem Gesicht, verschmilzt mit ihr oder steht in leichtem Widerspruch zu ihr. Ich sehe ihn als eine Art Gegenüber – ein Spiegel, ein Schatten, vielleicht auch ein zweites Ich.

Zwischen Nähe und Distanz

Während der Arbeit an dieser Serie habe ich mich immer wieder gefragt: Was hält ein Bild in der Schwebe? Wann wird ein Blick lesbar, und wann bleibt er ein Rätsel? Die größte Herausforderung bestand darin, eine visuelle Sprache zu finden, die das Unausgesprochene erhält, ohne ins Leere zu kippen. Ich wollte, dass sich jedes Bild einer klaren Lesart entzieht – dass es ein Dialog bleibt, kein Monolog.

Marisol’s Gaze ist keine Geschichte im klassischen Sinn. Es gibt keine Dramaturgie, keinen Anfang, keine Auflösung. Es ist eine Sammlung von Momenten, von Schwebezuständen. Eine Serie über das, was sich in den kleinen Gesten, in den leichten Verschiebungen von Haltung und Ausdruck entfaltet.

Am Ende bleibt die Frage: Ist es genug, einen Blick zu zeigen? Reicht es aus, eine Spannung aufzubauen, ohne sie aufzulösen? Ich weiß es nicht. Aber genau in diesem Zweifel liegt für mich die Kraft dieser Serie. Sie fordert mich heraus, genauso wie sie den Betrachter herausfordert. Sie zwingt uns, innezuhalten – und vielleicht reicht das schon aus.

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