| artificial imagine

Spiel, Übertreibung, Performance – Essays über das Ich als Geste

Identität zeigt sich nicht im Entblößen, sondern im Spiel.

Diese Arbeiten begreifen das Maskenhafte nicht als Täuschung, sondern als Möglichkeit: zur Verwandlung, zur Überzeichnung, zur Irritation.Denn manchmal spricht die Maske klarer als das Gesicht. Und manchmal ist das Spiel ernster als jeder Versuch, „man selbst“ zu sein.

Essays

Exaggerated

Übertreibung als Strategie: Selbstbilder, die zugleich entlarven, schützen – und neu zusammensetzen.

Harlequins

Figuren zwischen Lachen und Fall. Die Maske als Ort der Verdichtung: Wahrheit in grellen Farben und kontrollierter Pose.

Studio 54

Glitzer, Pose, Ekstase – Performance als Wirklichkeit. Ein Raum, in dem Identität zur Inszenierung wird – radikal und flüchtig.

Colors of Becoming

Identität als Übergang: Farben, Stoffe, Stimmungen. Das Ich als temporäres Arrangement.

Plus Proche

Nähe, die keine Klarheit schenkt. Ein Körper, der sich anbietet – und sich gleichzeitig entzieht.

First Crush

Zärtlichkeit und Projektion – der erste Blick auf den anderen als Spiegel des eigenen Werdens.

Identität ist kein statisches Fundament – sie ist Bewegung, Maske, Choreografie. Ein Raum zwischen dem, was wir sind,  und dem, was wir verkörpern. Diese Fotoessays verweigern die Jagd nach einem „wahren Selbst“. Sie richten sich nicht nach Tiefe als psychologische Kategorie – sondern nach der Oberfläche als Ort produktiver Reibung. Die Maske ist hier kein Trick. Sie ist Technik: Zum Schutz vor Zuschreibung. Zur Behauptung eines eigenen Raums. Zur Überzeichnung als Akt der Selbstermächtigung. Sie sagt: Ich bin nicht, was du vermutest. Ich bin, was ich performe – und was sich performen lässt. Wer beginnt, sich selbst in Szene zu setzen, kann in der Übertreibung eine neue Freiheit entdecken.

Diese Essays feiern nicht die Authentizität – sondern die Ambivalenz. Nicht das Wahre – sondern das, was entsteht, wenn sich das Wahre tarnt, bricht, in Szene setzt. Der fotografische Blick bleibt nicht außen vor. Er ist Mitspieler, kein stiller Beobachter. Er kennt die Regeln – und hält sie bewusst in der Schwebe. Er versucht nicht, hinter die Maske zu schauen. Er sieht mit ihr.

Diese Arbeiten glauben nicht an das Reine, nicht an das Echte. Sie zeigen ein Ich in Bewegung – fluide, widersprüchlich, überzeichnet. Ein Ich, das im Spiel nicht zerfällt, sondern sich darin immer wieder neu erfindet. Vielleicht liegt gerade darin eine Form radikaler Aufrichtigkeit:

Sich zu inszenieren – nicht um zu täuschen, sondern um sich selbst lesbar zu machen. Nicht nackt, sondern konstruiert. Nicht endgültig, sondern offen.

Diese Essays fragen nicht: Wer bist du wirklich? Sondern: Welche Figur tritt auf – und was steht auf dem Spiel? Denn manchmal ist die Maske kein Gegenteil des Selbst. Sondern seine präziseste Geste.

´Joerg Alexander / Berlin / Mittwoch, 09.04.25  

@